Florian Hartge Gf c Jan Pauls gematik
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Der Blick über den Tellerrand

Interview mit Dr. Florian Hartge, Mitglied der Geschäftsführung der gematik, rund um das E-Rezept
Erschienen am 17. Oktober 2025 | Letzte Änderung 17. Oktober 2025

Die Mitglieder des LAV Baden-Württemberg haben auf der Mitgliederversammlung eine wichtige Entscheidung getroffen und einer Beteiligung ihres LAV an der Digitalstrategie der Verbände zugestimmt. Diese Planungen haben zum Ziel, alle Mitgliedsapotheken, den LAV und seine Dienstleistungen in einer immer digitaleren Welt zu stärken, besser zu vernetzen und zukunftsfähig zu machen. Eine entscheidende Rolle wird hier der GEDISA zufallen. Sören Friedrich, GEDISA-Geschäftsführer, erklärt im Interview den aktuellen Sachstand.

Herr Friedrich vielleicht ganz Grundlegendes zuerst: Warum ist eine gemeinsame und abgestimmte Digitalstrategie wichtig?
Aus meiner Sicht ist eine gemeinsame und abgestimmte Digitalstrategie für die Vor-Ort-Apotheken von elementarer Bedeutung, um ihre Rolle in der Gesundheitsversorgung auch zukünftig sichern und weiterentwickeln zu können. Nur durch ein koordiniertes Vorgehen können die Apotheken flächendeckend digitale Lösungen umsetzen, die sowohl den betrieblichen Anforderungen als auch den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden gerecht werden.
Die Einführung des E-Rezeptes Anfang 2024 war ein digitales Mammutprojekt und es gehört seither zur Arzneimittelversorgung dazu. Wenn es funktioniert, erleichtert es den Arbeitsalltag in den Apotheken. Aber: Immer wieder kommt das E-Rezept auch ins Stolpern, wenn einzelne Komponenten gestört sind. Im Interview mit den LAV-Nachrichten hat Florian Hartge, Mitglied der Geschäftsführung der gematik, die aktuellen Herausforderungen erläutert.

Herr Florian Hartge, woran liegt es, dass mehr als anderthalb Jahre nach dem Start noch viele Störmomente auftreten? Gerade im August wurden gehäuft Ausfällen gemeldet.
Eine einfache, pauschale Antwort, worin die Störungen in der TI begründet sind, gibt es leider nicht. Störungen entstehen jedoch meistens nicht in der zentralen Infrastruktur des E-Rezepts, sondern etwa bei einzelnen Diensten, die von verschiedenen Herstellern betrieben werden. Denn die Telematikinfrastruktur (TI) ist ein vielschichtiges System mit vielen beteiligten Komponenten und Anbietern – entsprechend vielfältig sind mögliche Fehlerquellen. (…)
In der Regel werden diese Störungen von den jeweiligen Dienstleistern zügig behoben. In technisch anspruchsvolleren Fällen dauert es mitunter leider länger, trotz intensiver Anstrengungen aller Beteiligten. Wir verstehen, dass das vor allem auch Apotheker:innen frustriert und arbeiten gemeinsam mit den Industriepartnern kontinuierlich daran, Störungen zu vermeiden und möglichst schnell zu beheben. (…)
Hat die gematik eine Handhabe, wenn immer wieder Komponenten eines Herstellers ausfallen?
Die TI ist gesetzlich als Marktmodell konzipiert. Dadurch gibt es, wie zuvor beschrieben, viele Anbieter für die jeweiligen Komponenten, wie zum Beispiel Konnektoren, Institutionskarten oder VPN-Zugänge. Die gematik legt die Rahmenbedingungen und Zulassungskriterien fest und überprüft im Rahmen der Governance-Rolle deren Einhaltung.

Wenn es zu wiederholten oder schwerwiegenden Störungen kommt, prüfen wir im Rahmen unserer Möglichkeiten auch Optionen bis hin zum Zulassungsentzug – allerdings stets mit Blick auf die Versorgungssicherheit.
(…)

Kommen bei Ihnen die direkten Rückmeldungen von Apotheken oder auch von Ärzten zu den Störungen an und können Sie den Frust bei solchen Ausfällen nachvollziehen?
Wir können die Herausforderungen für Apotheker:innen und Ärzt:innen sehr gut nachvollziehen und wissen, dass jeder Ausfall zu echten Problemen führen kann, sei es bei der Versorgung oder hinsichtlich wirtschaftlicher Schäden. Alle Hinweise dazu nehmen wir entsprechend ernst.
(…)

Wenn E-Rezepte manchmal über Stunden nicht ausgestellt oder beliefert werden können, entsteht große Verunsicherung und auch Ärger bei den Patient:innen. Aber den Apotheken entsteht auch ein nicht unbeträchtlicher wirtschaftlicher Schaden. Was sagt die gematik dazu – wer haftet dann für solche Ausfälle.
Wir können die wirtschaftlichen Belastungen durch Ausfälle sehr gut nachvollziehen. Die gematik selbst kann jedoch keine Entschädigungsregelungen erlassen und ist auch nicht für die Ausgestaltung eines entsprechenden Modells zuständig – dafür fehlt uns die gesetzliche Grundlage. Dennoch bringen wir unsere Erfahrungen und Analysen gerne in die entsprechenden Gremien mit ein, wenn es darum geht, die TI zukunftsfähig weiterzuentwickeln.

LAV-Mitglieder können das ganze Interview mit Dr. Florian Hartge in den aktuellen LAV-Nachrichten hier nachlesen.