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Apothekerverband befürchtet Ausstieg von Apotheken aus kostenloser Bürgertestung

Planungen des BMG zu bürokratisch und insgesamt unattraktiv
Webcode V211359 | Erschienen am 8. Juni 2021 | Letzte Änderung 8. Juni 2021

Stuttgart – Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat am 4. Juni in einem Eckpunktepapier seine Planungen zu Neuregelungen für die sogenannten Bürgertestungen veröffentlicht. Darin werden Regelungen skizziert, die die Beauftragung von Leistungserbringern sowie die Vergütung und die Abrechnung erbrachter Leistungen kurzfristig neu fassen sollen. Als Hintergrund für diese neuen Regelungen nennt das Eckpunktepapier „vermehrt Berichte über Betrügereien, Falschabrechnungen oder eine unsachgemäße Ausstattung von Teststellen“.

Aus Sicht des Landesapothekerverband Baden-Württemberg (LAV) werden sich die geplanten Regelungen auf die testenden Apotheken negativ und damit für die Teststellen-Landschaft kontraproduktiv auswirken. Verbandspräsidentin Tatjana Zambo: „Wenn diese Regelungen so umgesetzt werden, steht zu befürchten, dass viele Apotheken, die mühevoll und mit viel Engagement entsprechende Teststrukturen aufgebaut haben, diese Leistungen nicht mehr anbieten werden.“ In der Konsequenz führe dieses Szenario zu einer deutlichen Ausdünnung der in den Städten und Gemeinden angebotenen Teststrukturen. „Das halten wir für mehr als bedenklich, denn es hat sich gezeigt, dass kontinuierliches und breitgefächertes Testen sinnvoll ist und dass die Apotheken hier wirkungsvoll unterstützen. Diese hochwertigen Testkapazitäten müssen dringend erhalten bleiben. Es kann nicht im Sinne der Teststrategie sein, dass gerade Ärzte und Apotheker, die von Anfang an mit großem heilberuflichem Engagement die Testungen durchführen, jetzt wegbrechen. Wir fordern deshalb den Verordnungsgeber auf, die in heilberuflicher Arbeit durch Ärzte und Apotheken erbrachten Testleistungen von den geplanten Regelungen ausdrücklich auszunehmen.“

Insbesondere kritisiert der Verband die geplanten Neuregelungen zur Beauftragung von Leistungserbringern. Derzeit hat die Landesregierung in einer Allgemeinverfügung die Apotheken des Landes ermächtigt, entsprechende Testangebote zur Bürgertestung zu machen. Die Planungen des BMG sehen nun vor, dass „eine Beauftragung (…) mittels Allgemeinverfügung der Länder zukünftig nicht mehr möglich“ sein soll. An diese Stelle soll eine Einzelbeauftragung rücken. „Das heißt ja, dass jede Apotheke, die bereits seit Wochen und Monaten testet, dann einen einzelnen Antrag stellen muss, um diese Leistung weiter zu erbringen“, erklärt Zambo. „Diesen bürokratischen Akt werden wohl die wenigsten Kolleginnen und Kollegen mitmachen. Aus unserer Sicht ist das auch überhaupt nicht nötig, denn in der Apotheke wird heilberuflich gearbeitet und es ist nicht plausibel, warum eine Apotheke hierfür jetzt eine besondere Genehmigung erhalten muss.“

Gepaart wird dieser bürokratische Aufwand mit einer Absenkung der Vergütung. Die Sachkosten sollen dabei halbiert und der Vergütungsanteil um ein Drittel gesenkt werden. „Das ist der zweite kontraproduktive Punkt. Heilberufliche Qualität kann es nicht zum Nulltarif geben. Schon heute gilt: Keine Apotheke kann und muss von den Testungen leben. Und keine Apotheke stürzt in den Ruin, wenn sie keine Testungen anbietet. Vor allem die geplante Absenkung des Vergütungsanteils wird bei den meisten meiner Kolleginnen und Kollegen dazu führen, eher keine Testungen mehr anzubieten. Die Apotheken liefern hochqualifizierte Arbeit ab, setzen hier Fachpersonal ein, haben immense Aufwände für die entsprechenden Hygienekonzepte und eingesetzte EDV-Werkzeuge und sogar zum Teil Räumlichkeiten angemietet. Eine Absenkung des Honorars muss hier also unweigerlich zur Rentabilitätsfrage führen, die in vielen Fällen negativ beantwortet werden wird. “

Die im Eckpunktepapier geplanten stärkeren Qualitätskontrollen hingegen begrüßt der Apothekerverband. Zambo: „Wir wissen um die gute Qualität der durch die Apotheken im Land abgelieferten Arbeit – das darf gerne zu jeder Zeit kontrolliert werden.“ Das eigentliche Problem liegt aus Sicht der Apothekerin in der Gesamtstruktur. „Die Testverordnung ist mit ihrer Öffnung für alle möglichen Anbieter über das Ziel hinausgeschossen. Da scheint dann offenbar Wildwuchs entstanden zu sein, den man jetzt mühevoll einfangen möchte. Die Rolle rückwärts, die jetzt offenbar eingeleitet werden soll, überzieht aber genauso - mindestens mit Blick auf die Apotheken. Da muss dringend differenziert werden. Es kann nicht sein, dass diejenigen, die von Beginn an ordnungsgemäß gearbeitet haben, jetzt die Zeche für die Unredlichen bezahlen. Eine Lösung, um zumindest den bürokratischen Akt von Einzelbeauftragungen zu eliminieren, wäre, Ärzte und Apotheker im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes zentral mit den Testungen zu beauftragen.“