
Der Blick über den Tellerrand
Interview mit Claudia Korf (ABDA) zur Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA)
Mitte Januar ist die sogenannte „ePA für alle“ an den Start gegangen – zunächst in den Modellregionen Franken, Hamburg und Nordrhein-Westfalen. Die elektronische Patientenakte – kurz ePA – wird nach dem bundesweiten Rollout, der in diesem Jahr erfolgen wird, auch sukzessive in den Apotheken eine Rolle spielen. Welche Aufgaben dann auf die Apothekenteams zukommen könnten und werden, dazu haben wir Claudia Korf befragt. Sie ist Geschäftsführerin für den Bereich Ökonomie bei der ABDA und begleitet für die Apothekerschaft die Einführung der ePA.
Frau Korf, vielleicht vorneweg ganz grundlegend die Frage, was bringt die ePA für Leistungserbringende sowie für Patientinnen und Patienten an Mehrwert?
Die elektronische Patientenakte bringt große Vorteile für beide Seiten: Patientinnen und Patienten sowie Leistungserbringende. Patientinnen und Patienten profitieren vor allem von mehr Transparenz und Kontrolle über ihre Gesundheitsdaten. Sie können jederzeit einsehen, welche Informationen hinterlegt sind, und selbst entscheiden, wer Zugriff darauf erhält.
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Für Leistungserbringende schafft die ePA eine gemeinsame und solide Datengrundlage, die sektoren- und professionsübergreifend genutzt werden kann. Sie sorgt somit für effizienteres Arbeiten und eine höhere Versorgungsqualität. Durch den zentralen digitalen Zugriff auf die Medikationsliste beziehungsweise den Medikationsplan sowie auf weitere relevante Informationen wie Diagnosen können Apothekerinnen, Apotheker und andere Leistungserbringende fundiertere Entscheidungen treffen und Doppelarbeiten vermeiden. Gleichzeitig verbessert die ePA die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteurinnen und Akteuren, da alle Beteiligten auf eine gemeinsame Datenbasis zugreifen können. Das verhindert Fehler, spart Zeit, reduziert Verwaltungsaufwand und sorgt für eine individuell abgestimmte Behandlung. Insgesamt ermöglicht die ePA also ein moderneres, vernetztes und patientenzentriertes Gesundheitssystem, von dem alle Beteiligten profitieren.
Apotheken sind die Hauptansprechpartner, was die Medikation von Patientinnen und Patienten angeht. Hier tauchen rund um die ePA die Begriffe des elektronischen Medikationsplans (eMP), aber auch die elektronische Medikationsliste (eML) auf. Können Sie uns diese beiden Begriffe erläutern – was verbirgt sich jeweils dahinter?
Die elektronische Medikationsliste (eML) ist eine chronologische Liste der verordneten Arzneimittel eines oder einer Versicherten. Alle Arzneimittel eines Versicherten, die per E-Rezept verordnet und abgegeben wurden, werden hierin automatisch durch den E-Rezept-Fachdienst eingestellt, sobald die ePA der Versicherten zur Verfügung steht, also frühestens ab Mitte Januar 2025 in den Testregionen. Sie enthält wichtige Angaben wie Wirkstoff, Wirkstärke und Dosierung und ist Teil der elektronischen Patientenakte.
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Der elektronische Medikationsplan, kurz eMP, ist eine digitale Übersicht der aktuellen Medikation, die üblicherweise von Ärztinnen und Ärzten erstellt wird, zumal Versicherte mit mindestens drei Arzneimitteln einen Anspruch auf Erstellung eines eMP gemäß § 31a SGB V durch deren Ärztinnen und Ärzte haben.
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Medikationsdaten sind wichtige persönliche Gesundheitsinformationen – nach den Hacks des Chaos Computer Clubs und der anschließenden Enthüllung, wie leicht man Versichertendaten einsehen kann, gab es zum Jahreswechsel eine ernsthafte Diskussion um die Datensicherheit der ePA. Wie bewerten Sie das?
Die Diskussion um die Datensicherheit der ePA ist absolut berechtigt, denn Medikationsdaten gehören zu den sensibelsten persönlichen Informationen. Die vom Chaos Computer Club (CCC) aufgezeigten Sicherheitslücken haben gezeigt, dass Schwachstellen im System existieren, die ernst genommen werden müssen. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass diese Lücken identifiziert wurden, bevor die ePA in die Testphase ging. Alle bekannten Sicherheitslücken müssen geschlossen sein, bevor der bundesweite Roll-out startet. Aus diesem Grund gibt es auch noch kein definiertes Datum für diesen.
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Die gematik hat gemeinsam mit Sicherheitsbehörden wie dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bereits Maßnahmen ergriffen, um die von den IT-Sicherheitsexperten aufgezeigten Schwachstellen zu schließen. Dazu gehören zusätzliche Verschlüsselungen, die Verhinderung des Missbrauchs von Telematikinfrastruktur-Komponenten sowie neue Überwachungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen für alle Beteiligten.
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Die Diskussion zeigt, wie wichtig es ist, hohe Sicherheitsstandards mit einem klaren Nutzen für die Patientinnen und Patienten zu verbinden. Die ePA kann die medizinische Versorgung verbessern und administrative Prozesse erleichtern, aber nur, wenn die Bevölkerung Vertrauen in den Schutz ihrer Daten hat. Diese Balance aus Nutzen und Risiko muss bei jedem Schritt priorisiert werden.
Welche Rolle sollen und werden die Vor-Ort-Apotheken bei der Einführung und Umsetzung der ePA ganz konkret übernehmen?
Vor-Ort-Apotheken spielen eine Schlüsselrolle bei der Einführung und Umsetzung der elektronischen Patientenakte, indem sie künftig an der Aktualisierung des Medikationsplans beteiligt sind und den eMP in die Prüfung auf Wechselwirkungen einbeziehen können. Hierin steckt ein enormes Potenzial für die AMTS.
Insgesamt werden Vor-Ort-Apotheken entscheidend dazu beitragen, die ePA als zentrales Instrument in der Gesundheitsversorgung zu etablieren, die Qualität der Versorgung zu verbessern und den digitalen Wandel im Gesundheitswesen zum Wohl der Patientinnen und Patienten voranzutreiben.
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