Wir müssen reden Ertelt Müller
1

MdL Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut zu Gast in der Hohenzollern-Apotheke in Bisingen

Ein Besuch im Rahmen der Aktion "WIR MÜSSEN REDEN" | Einladung von Caspar Spindler und Johannes Ertelt
Erschienen am 18. Juni 2024 | Letzte Änderung 18. Juni 2024

Auf Einladung von Caspar Spindler, Inhaber der Stadtapotheke Schömberg, der Bären-Apotheke Frommern und Vorstandsmitglied des Landesapothekerverbands sowie von Johannes Ertelt, Inhaber der Heidelberg-, Hohenzollern-Apotheke (Bisingen), Friedrich Apotheke (Balingen) und Bära-Apotheke (Nusplingen) und Vorsitzender der Region Alb im Landesapothekerverband Baden-Württemberg besuchte die CDU-Landtagsabgeordnete Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut die Hohenzollern-Apotheke in Bisingen.

Unterstützt von den Kolleginnen Nina Müller (Stadt-Apotheke, Balingen & Obere Apotheke, Haigerloch) sowie Petra Spranger (Spranger Apotheke, Hechingen und Mozart-Apotheke, Balingen) wurden die bis heute anhaltenden, negativen Rahmenbedingungen, die alle Apotheken gleich hart treffen und gefährden sowie der aktuelle Referentenentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) analysiert und diskutiert.

Die Lage der Apotheken in Deutschland wird immer prekärer und sie ist hoch akut. In den letzten 15 Jahren haben 4.000 Apotheken deutschlandweit aufgeben müssen. „Ein Drittel der nur noch knapp 17.000 Apotheken befinden sich akut in existenzieller Not!“, so Johannes Ertelt. Grund hierfür ist, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Apotheken in den letzten Jahren erheblich verschlechtert haben: Steigende Betriebskosten, ausbleibende Inflationsanpassungen sowie ein Anwachsen der Bürokratie, vor allem durch Vorgaben seitens der gesetzlichen Krankenkassen. Dazu kommt, dass der Bundesgerichtshof in einer aktuellen Rechtsprechung kaufmännisch übliche Skonti seitens der Großhändler im Arzneimittelmarkt untersagt hat. Bereits vor dem Wegfall des Skontos ist es traurige Realität, dass bundesweit alle 17 Stunden eine Apotheke für immer schließt.
Und dem nicht genug! Seit letzter Woche liegen die Reformvorschläge von Karl Lauterbach auf dem Tisch, die als „Erleichterungen und Verbesserungen“ von ihm ´verkauft´ werden. „Eine unverschämte Mogelpackung!“, sind sich die 3 Apotheker einig. Lauterbach will beispielsweise „Apotheken ohne Apotheker“, Geld nur – linke Tasche, rechte Tasche - umverteilen und keine echte Honorarerhöhung gewähren.

„Apotheken sind Gesundheitsdienstleister und funktionieren nicht wie andere Betriebe. Wenn wir Kunden mit verschreibungspflichtigen Medikamenten versorgen, erhalten wir ein sogenanntes Fixhonorar von den Krankenkassen, von dem wir sämtliche massiv gestiegene Kosten bestreiten müssen. Dieses Honorar ist in den letzten 20 Jahren nicht erhöht worden. Im Gegenteil: ab 2023 mussten die Apotheken zusätzlich noch 18 % mehr Rabatt an die gesetzlichen Krankenkassen abführen. Damit ist der staatlich verankerte Auftrag der Apotheken bezüglich der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln nicht einmal mehr kostendeckend, sondern vielmehr ein Verlustgeschäft. Vom Preis des Medikaments profitieren hauptsächlich die Krankenkassen, Hersteller oder auch der Staat durch Steuern. Umsatz ist deshalb keine geeignete Zahl, um die wirtschaftliche Lage einer Apotheke zu bewerten.“, erklärt Ertelt.

Petra Spranger kann das nur bestätigen: „Wir hatten eigentlich genügend Arbeit, wir hatten Kunden, wir hatten Umsatz. Aber wir mussten dennoch eine Apotheke in Hechingen schließen. Eine von 500 im letzten Jahr, eine von 4.000 in den letzten 15 Jahren und viele weitere werden folgen, weil sie unverschuldet in eine wirtschaftlich untragbare Lage geraten. Alle Apotheken haben keine weiteren Einsparpotentiale. Unter diesen Bedingungen kann keine Apotheke die täglich in Anspruch genommenen Leistungen aufrechterhalten! Wer könnte heute noch mit seinem Gehalt von vor 20 Jahren leben und zurechtkommen? Wir konnten die Apotheke mit dem seit 20 Jahren nicht mehr angepassten Fixhonorar nicht mehr halten.“

„Das Ende dieser Absurditätsspirale ist jedoch noch nicht erreicht“, fügt NinaMüller hinzu: Der aktuelle Gesundheitsminister Lauterbach (SPD) propagiert zudem auch noch Online-Apotheken, die zu einem Großteil als gewinnmaximierende Kapitalgesellschaften im Ausland angesiedelt sind und keine Steuern in Deutschland zahlen und keine Mehrwerte wie Notdienste, Schulungen, Rezeptur-Herstellung für die Bürger in Deutschland erbringen. „Herr Lauterbach schadet hiermit unserer eigenen Gesellschaft mehrfach: Das gut funktionierende System der wohnortnahen, sicheren und unabhängigen Patientenversorgung ist aktuell dem Tod geweiht. Wir können es nicht nachvollziehen, warum sich der deutsche Gesundheitsminister erst sämtlichen Gesprächen mit den Apotheken entzieht, um dann über eine Tageszeitung seine Reformvorschläge zu veröffentlichen, die allen Beteiligten im Gesundheitssystem nur Schaden zufügt: Den Apotheken, den Patienten und dem Staat selbst. Politisch betrachtet vollkommen sinnfrei und für die Bürger mit dramatischen Folgen.“, warnen die drei Inhaber:innen, die gleichzeitig Verantwortung für rund 120 Mitarbeiter tragen.

„Die Liste ist lang, was Apotheken alles ´so nebenher´ leisten und an vielen Stellen gar nicht vergütet bekommen“, ergänzt Petra Spranger, „nehmen Sie doch mal die Lieferengpässe – eine Situation, die auch Herr Lauterbach (SPD) mit zu verantworten hat. Wir sorgen dafür, dass Patienten dennoch stets eine pragmatische Lösung erfahren, indem jede Apotheke u.a. in unzähligen, unbezahlten Kontaktaufnahmen zu Arztpraxen oder Kliniken Lösungen schafft, um die Therapie aufrechtzuerhalten oder beginnen zu können.“

Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut MdL betonte, dass die Apotheken wichtiger Teil der kommunalen Daseinsvorsorge und der medizinischen sowie pflegerischen Versorgung sind. Alarmierend sei dabei allerdings, dass es zum Jahresende 2022 rund 1/5 weniger Apotheken im Land gab, als noch 2006. So kommen in Baden-Württemberg aktuell nur noch 20 Apotheken auf 100.000 Einwohner.

„Die Apotheken sind neben den Ärzten wichtige Ansprechpartner, wenn es um die Medikation und die erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation der Patienten geht. Das primäre Ziel von uns allen muss es sein, die Apotheken in Stadt und Land zu erhalten und gleichzeitig zu stärken. Deshalb werde ich mein Möglichstes tun, um darauf hinzuwirken, dass der vor allem zuständige Bundesgesetzgeber in diesem Sinne tätig wird“ fasste Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut MdL am Ende des Gesprächs zusammen. Auf ihren Social Media Kanälen berichtete MdL Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut ebenfalls von diesem Besuch.