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E-Rezept-Ausfälle: „So langsam nervt’s gewaltig!“

Wiederholte Ausfälle der technischen Strukturen zur Abwicklung von E-Rezepten sind für Apotheken zunehmend belastend
Webcode V212863 | Erschienen am 12. März 2024 | Letzte Änderung 12. März 2024

Stuttgart – Häufige Ausfälle der sogenannten Telematikinfrastruktur, die für die Übermittlung von E-Rezepten aus der Arztpraxis in die Apotheke sorgt, machen Patient:innen, Ärzt:innen und Apotheker:innen das Leben schwer. Der Landesapothekerverband Baden-Württemberg (LAV) fordert deshalb die zuständige Gematik als Betreiber dieser Technologie dringend auf, unverzüglich für verlässliche Stabilität zu sorgen.

Tatjana Zambo, Präsidentin des LAV, teilt den Ärger vieler Apothekerinnen und Apotheker: „Es ist zum Verrücktwerden: Da stehen die Patienten in der Apotheke und brauchen ihr Medikament, und die Technik der Gematik verhindert, dass wir die entsprechenden E-Rezepte abrufen können. Und das in schöner Regelmäßigkeit!“ Die Patienten verlassen dann natürlich die Apotheke – oft ärgerlich und in der Annahme, die Apotheke wäre Schuld an dem Problem. Zambo weiter: „Viele dieser Kundinnen und Kunden sehen wir dann nie wieder, weil sie meinen, ihre Apotheke arbeite unzuverlässig. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern ein effektiver Imageverlust und auch ein wirtschaftlicher Schaden für die einzelne Apotheke.“

Verantwortung liegt bei der Gematik
Die Gematik trägt als nationale Agentur für Digitale Medizin nach eigenen Angaben die Gesamtverantwortung für die zentrale Plattform für digitale Anwendungen im deutschen Gesundheitswesen, die Telematikinfrastruktur (TI). Der sicher derzeit wesentlichste Dienst, der über diese Plattform abgewickelt wird, ist das E-Rezept. Wenn alles funktioniert, wird das E-Rezept nach Ausstellung in der Arztpraxis sicher und verschlüsselt in der TI abgelegt. In der Apotheke wird das E-Rezept dann mit Hilfe des zum Rezept gehörenden Schlüssels, den Patienten in aller Regel mit ihrer Gesundheitskarte übergeben, wieder abgerufen. Wenn die TI allerdings nicht erreichbar oder in ihren Prozessen gestört ist, funktioniert dieses System nicht. Entweder können dann gar keine E-Rezepte eingestellt werden – oder/und sie sind nicht abrufbar.
„Störungen am zentralen System wirken wie eine Handbremse“, erklärt Tatjana Zambo, Präsidentin des LAV, „denn entweder kann die Arztpraxis erst gar kein E-Rezept erzeugen oder in der Apotheke kann ein hinterlegtes Rezept nicht abgerufen werden – oder beides. Den Patientinnen und Patienten ist das meist gar nicht zu erklären.“

Fehler mit Regelmäßigkeit
Allein an vier der letzten 10 Tage war die TI zumindest zeitweise nicht oder nur eingeschränkt erreichbar – meist in den Morgenstunden. Aktueller Grund: Wer als Arztpraxis oder Apotheke eine bestimmte technologische Komponente, z. B. den elektronischen Heilberufeausweis oder eine sogenannte SMC-B-Karte des von der Gematik zertifizierten Diensteanbieters „medisign“ nutzt, kann Probleme beim Schreiben oder Lesen von E-Rezepten haben. Das zumindest meldet die Gematik auf ihrer eigens eingerichteten Störungsseite https://fachportal.gematik.de/ti-status/stoerungen. Zambo: „Ohne eine entsprechende Zertifizierung, die die verantwortliche Gematik selbst erteilt, darf kein Dienstleister am zentralen E-Rezept-Dienst teilnehmen. Man muss sich schon fragen, was eine solche Zertifizierung und damit das ganze System wert ist, wenn ein so geprüfter und zugelassener Dienst mit schöner Regelmäßigkeit ausfällt.“

LAV fordert Entschädigung
„Wenn uns in den Apotheken nur der kleinste Formfehler unterläuft, ist das Geschrei der Krankenkassen groß und uns wird gnadenlos Geld abgezogen. Wenn aber die E-Rezept-Technologie grundsätzliche Fehler aufweist und damit sowohl die Versorgung der Patienten ins Stocken gerät als auch den einzelnen Apotheken ein effektiver Schaden entsteht, kommt nicht einmal eine Entschuldigung“, resümiert LAV-Präsidentin Zambo. „Es wird Zeit, dass wir Apothekerinnen und Apotheker für diese Ausfälle, für unsere tote Arbeitszeit während dieser Ausfälle und für die auch darüber hinaus zu leistende Aufklärung der Patientinnen und Patienten angemessen entschädigt werden. Hier sehen wir das Bundesgesundheitsministerium gefordert, denn schließlich ist es der Staat, dem die Gematik mehrheitlich gehört und der diese offenbar noch nicht ausgereifte Technologie ohne Rücksicht auf Verluste durchdrückt.“